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Der heilige vater trifft den Klerus der diözese von Bozen-Brixen

Der heilige vater trifft den Klerus der diözese von Bozen-Brixen
16/08/2008

Am Mittwochvormittag des 6. August ist der Heilige Vater im Dom zu Brixen mit dem Klerus der Diözese von Bozen-Brixen zusammen gekommen. Auf Fragen einiger der anwesenden Geistlichen und Diakone hat der Papst unter Hinweis auf das Beispiel des Großmeisters des Malteserordens, Fra’ Matthew Festing, geantwortet.

Michael Horrer, Seminarist


Heiliger Vater, ich heiße Michael Horrer und bin Seminarist. Auf dem XXIII. Weltjugendtag in Sydney in Australien, an dem ich mit anderen Jugendlichen aus unserer Diözese teilgenommen habe, haben Sie vor den über 400.000 Jugendlichen immer wieder auf das Wirken des Heiligen Geistes in uns Jugendlichen und in der Kirche hingewiesen. Das Thema lautete:»lhr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird, und ihr werdet meine Zeugen sein« (Apg 1,8).
Nun sind wir Jugendlichen – wieder gestärkt mit dem Heiligen Geist und Ihren Worten – zurückgekehrt in unsere Heimat, in unsere Diözese und in unseren Alltag.
Heiliger Vater, wie können wir nun hier in unserem Land, konkret in unserem Alltag, die Gaben des Heiligen Geistes leben und anderen erfahrbar machen, daß auch unsere Verwandten, Freunde und Bekannten und unsere Mitmenschen die Kraft des Heiligen Geistes spüren und erfahren und wir den Auftrag als Zeugen Christi wahrnehmen können? Was raten Sie, damit unsere Diözese trotz des Älterwerdens des Klerus jung bleibt und für das Wirken des Geistes Gottes, der die Kirche leitet, offen bleibt?

Papst Benedikt XVI

Vielen Dank für diese Frage. Ich freue mich, einen Seminaristen, einen Priesterkandidaten dieser Diözese zu sehen in dem ich sozusagen das junge Gesicht der Diözese erblicken kann, und freue mich, daß Sie mit anderen in Sydney gewesen sind wo, wir in einem großen Fest des Glaubens miteinander gerade das Jungsein der Kirche erlebt haben. Es war für die Menschen in Australien auch eine große Erfahrung. Sie waren vorher diesem Weltjugendtag mit großer Skepsis entgegengestanden, weil er natürlich viele Behinderungen im Alltag mit sich brachte, viele Unannehmlichkeiten, was den Verkehr und so weiter angeht. Aber am Schluß – so haben wir auch aus den Medien gesehen, deren Vorurteile Stück um Stück abgebröckelt sind – waren sie alle mit ergriffen von dieser Atmosphäre der Freude und des Glaubens; daß junge Menschen kommen und keine Sicherheitsprobleme schaffen oder sonstige Probleme, sondern in Freude miteinander sind. Sie haben gesehen, daß der Glaube auch heute eine gegenwärtige Kraft ist und daß er eine Kraft ist, der die Menschen richtig orientiert, sodaß wir einen Augenblick wirklich sozusagen das Wehen des Heiligen Geistes gespürt haben, der Vorurteile wegfegt, der den Menschen sichtbar macht, ja, hier ist das, was uns angeht, hier ist die Richtung in der wir gehen sollen, so kann man leben, so öffnet sich Zukunft.

Nun, sie haben es mit Recht gesagt, es war ein großer Augenblick, von dem wir sozusagen eine Flamme mit nach Hause tragen. Aber im Alltag ist es viel mühsamer, das Wirken des Heiligen Geistes gegenwärtig zu fühlen oder selber gar Instrument zu sein, damit er da sein kann, damit so ein Wehen geschieht, das Vorurteile der Zeit wegfegt, das in Dunkelheiten Helligkeit schafft und spüren lasst, der Glaube hat nicht nur Zukunft, er ist die Zukunft. Wie sollen wir das machen? Nun, allein können wir es natürlich nicht. Am Ende ist es der Herr, der uns dazu hilft, aber wir müssen doch bereite Werkzeuge sein. Ich würde einfach sagen: Niemand kann etwas geben, was er nicht selber hat, das heißt, wir können den Heiligen Geist nicht wirksam weitergeben, spürbar werden lassen, wenn wir nicht selber in seiner Nähe sind. Und so, denke ich, ist das Erste was wichtig ist, daß wir selber sozusagen im Atemraum des Heiligen Geistes bleiben, in Berührung mit ihm sind. Nur wenn wir von ihm selber inwendig immer wieder neu angerührt werden, wenn er in uns Gegenwart hat und da ist, dann können wir ihn auch weitergeben, dann gibt er uns auch die Phantasie und die schöpferischen Ideen, wie man das machen kann; Ideen, die man nicht vorplanen kann, sondern die in der Situation entstehen, weil hier der Heilige Geist wirkt. Punkt eins also: Selber im Atemraum des Heiligen Geistes bleiben.

Das Johannesevangelium erzählt uns, wie der Herr nach der Auferstehung zu den Jüngern kommt, sie anhaucht und sagt: „Empfangt den Heiligen Geist”. Es ist eine Parallele zur Schöpfungsgeschichte, wo Gott den Lehm anhaucht und der Lehm lebendig und Mensch wird. Nun wird der Mensch, der inwendig verdunkelt und halb tot ist, neu angehaucht von Christus, und es ist der Hauch Gottes, der ihm eine neue Dimension vom Leben, das Leben mit dem Heiligen Geist gibt. Wir können also geradezu sagen: Der Heilige Geist ist der Atem Jesu Christi, und wir müssen uns von Christus sozusagen immer wieder neu beatmen lassen, damit in uns dieser neue Atem lebendig wird und kraftvoll wird und in die Welt hineinwirkt. Das würde also bedeuten, daß wir in der Nähe Christi sein müssen. Wir tun es, indem wir mit seinem Wort umgehen. Wir wissen ja, der Heilige Geist ist der Hauptverfasser der Heiligen Schrift. Wenn wir in ihr mit Gott reden, nicht nur Vergangenheit in ihr suchen, sondern in ihr wirklich den gegenwärtig redenden Gott, dann wandern wir – wie ich in Australien gesagt habe – gleichsam im Garten des Heiligen Geistes, dann reden wir mit ihm, redet er mit uns. In diesem Raum zu Hause werden, im Raum des Wortes Gottes, ist etwas sehr Wichtiges, das uns sozusagen in diesen Atem Gottes hineinführt. Und dann, natürlich, muß aus diesem Zuhören, dem Wandern im Wort Gottes, ein Antworten werden, das Antworten im Gebet, in der Berührung mit Christus. Und natürlich besonders im Heiligen Sakrament der Eucharistie, in dem Er auf uns zugeht und in uns eintritt, sich gleichsam mit uns verschmilzt. Aber auch das Sakrament der Buße, in dem wir uns immer wieder reinigen lassen, die Dunkelheiten herauswaschen lassen, die der Alltag in uns hinterläßt.

Kurzum, ein Leben mit Christus im Heiligen Geist, im Wort Gottes, und in der Gemeinschaft der Kirche, in ihrer lebendigen Gemeinschaft. Der Heilige Augustinus hat gesagt: „Willst Du den Geist Gottes haben, dann sei im Leib Christi”. Im mystischen Leib Christi ist der Raum seines Geistes.

All das sollte also sozusagen unseren Tageslauf bestimmen, daß es ein strukturierter Tag ist, ein Tag, in dem immer wieder Gott Einlaß findet in uns, in dem immer wieder die Berührung mit Christus stattfindet, in dem wir auf solche Weise immer wieder vom Heiligen Geist beatmet werden. Wenn wir das tun, wenn wir dazu nicht zu faul, zu undiszipliniert oder sonst zu träge sind, dann geschieht etwas an uns, dann nimmt der Tag Gestalt an, und dann nimmt unser eigenes Leben darin Gestalt an, das leuchtet dann auch aus uns heraus, ohne daß wir viel überlegen müssen und sozusagen „propagandistisch” tätig werden müssen: Es kommt von selbst, weil es unser eigenes Inneres ist.

Und dazu würde ich dann als zweite, aber damit logisch verbundene Dimension, hinzufügen: Wenn wir mit Christus leben, machen wir auch die menschlichen Dinge recht. Der Glaube ist ja nicht nur das Übernatürliche, sondern er baut den Menschen wieder zum Menschen, wie diese Parallele zwischen der Schöpfungsgeschichte und Johannes 20 zeigt; er baut gerade auf die natürlichen Tugenden: Die Redlichkeit, die Freudigkeit, die Bereitschaft den andern anzuhören, die Fähigkeit zu verzeihen, die Großzügigkeit, die Güte, die Herzlichkeit miteinander. Diese menschlichen Tugenden sind Ausweis dessen, daß der Glaube wirklich da ist, daß wir wirklich mit Christus sind. Und darauf, glaube ich, sollten wir auch an uns selber sehr achten, daß wir die einfache Menschlichkeit in uns reifen lassen, daß Glaube Menschwerdung ist, Menschlichkeit ist, daß wir die menschlichen Dinge auch des Berufes richtig und gut tun in der Rücksicht auf den anderen, in der Sorge um den anderen, in der wir am besten auch für uns selber sorgen: Gerade indem wir für den anderen da sind, sind wir am besten für uns selber da. Und daraus wachsen dann die entsprechenden Initiativen, die man nicht vorplanen kann: Gebetsgemeinschaften, Gemeinschaften, die miteinander die Bibel lesen, oder eben auch tätige Hilfe für Menschen, die in Not sind, die ihrer bedürfen, die am Rand des Lebens stehen, Kranke, Behinderte, und so vieles … Da gehen uns dann die Augen auf, daß wir sehen, wofür ich geeignet bin, daß ich in entsprechende Initiativen eintrete, anderen Mut dazu gebe. Und gerade diese menschlichen Dinge stärken dann, berühren uns irgendwo wieder mit dem Geiste Gottes.

Mir hat der Großmeister des Malteserordens in Rom erzählt, an Weihnachten sei er mit jungen Leuten zum Bahnhof gegangen, um den verwahrlosten Menschen dort zu helfen, ihnen ein Stück Weihnachten zu geben. Er selbst hat sich dann zurückgezogen und dabei gehört, wie einer der Jugendlichen zu einem anderen sagte: „Das ist viel schöner, als wenn ich in der Disko bin. Hier ist es wirklich schön, weil ich etwas für die anderen tun kann!”. Solche Initiativen entbindet der Heilige Geist in uns. Ohne viele Worte lassen sie die Kraft des Geistes spüren, und es wird Wachheit für Christus geschenkt.

Ja, ich hab’ jetzt vielleicht wenig Konkretes gesagt, aber ich denke doch, das Wichtige ist, daß wir zunächst selber auf den Heiligen Geist zu leben, indem wir im Raum des Geistes, im Leib Christi leben, daß wir von daher Vermenschlichung erfahren, die menschlichen einfachen Tugenden pflegen und so lernen, gut zu sein, im weitesten Sinn des Wortes, und damit für Initiativen des Guten einen Sinn gewinnen, die dann von selbst auch missionarische Kraft entwickeln und sozusagen den Punkt herbeiführen, an dem es sinnvoll wird und verständlich wird, von Christus und von unserem Glauben zu reden.

Der Verlauf der Begegnung kann abgerufen werden unter:

http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/speeches/2008/august/documents/hf_ben-xvi_spe_20080806_clero-bressanone_it.html